Der Motorradgruss (im Volksmund auch als Bikergruss gennant) ist eine hoch komplexe Angelegenheit, der wir eine eigene Seite widmen, um die Hintergründe auch für Nicht-Motorradfahrer ausreichend wirkungsvoll darstellen zu können.
Geschichtliches
Seine Ursprünge reichen bis in die Steinzeit zurück. Motorradfahrer waren rar. Es gab kaum befestigte Strassen und die Räder waren aus Stein. Nur ganz harte Kerle vertrugen die Strapazen des Motorradfahrens. Begegneten sich zwei dieser hartgesottenen Burschen, so hielten sie an, stiegen ab und zeigten einander die geöffneten Hände um zu zeigen, dass sich kein Faustkeil darin verbarg – eine Geste der Freundlichkeit. So eine der unzähligen Überlieferugnen. Es gibt viele Arten einen Töfffahrer zu Grüssen. Viel Spass beim durchlesen.
Heizer-Gruss und Goldener Gruss
Beim Heizer-Gruss berührt ein Knie in extremer Schräglage des Motorrads den Asphalt – deshalb gilt er als sehr riskant. Er wird allgemein als Nachweis hoher Fahrkunst angesehen, aber man sollte vorher trotzdem frische Unterwäsche anziehen. Heiz-Grüsser fahren nur auf der ässersten Profilrille und vergleichen, wer die spitzeren Fussrasten vor-weisen kann. Wer die Kunst des Heizergrusses nicht beherrscht und dennoch ausübt, riskiert seinen letzten, den sogenannten «Goldenen Gruss».
Winterfahrer und Weicheier
Unter ähnlich harten Bedingungen sind heute nur noch die Winterfahrer unterwegs. Motorradfahrer sind entweder Winterfahrer oder Weicheier. Weicheier trifft man im April im Strassenverkehrsamt, wo sie ihre stillgelegten Maschinen wieder anmelden. Winterfahrer dagegen fahren immer. Ihre Zahl ist klein. Treffen sich zwei Winterfahrer, ist die Freude gross. Von April an grüssen Winterfahrer nicht mehr. Winterfahrer grüssen keine Weicheier. Diese erkennt man daran, dass sie in den ersten Frühlingswochen wie wild und beidhändig alles grüssen, was sich auf zwei Rädern fortbewegt. Vor lauter Aufregung vergessen sie dann oft, dass da vorne eine Kurve kommt. Sie haben immer frische Unterwäsche an: man könnte ja im Krankenhaus landen.
Der Autobahn-Gruss
Ungeregelt und darum praktisch nicht existent ist die Motorradgrusskultur auf Autobahnen. Nicht einmal erfahrene Motorradfahrer können sagen, ob man entgegenkommende Motorräder über sechs Spuren und einen Grünstreifen hinweg grüssen muss. Fahrtechnisch proble-matisch wird das Grüssen beim Überholen: die klassische Grusshand, die Linke, wird vom Überholten
nicht gesehen. Grüsst man mit der Linken vorn am Körper vorbei nach rechts, tippen Autofahrer auf Heuschreckenschwärme oder Unterarmkrämpfe
Der verbotene Gruss
Das Motorradgrüssen ist stark reglementiert und wird von Anfängern zu Recht als sehr kompliziert angesehen. Es ist umlagert von allerlei Ge- und Verboten. Das bekannteste Verbot lautet: Grüsse nie ein Einspurfahrzeug, das weniger als 250 ccm Hubraum hat – so etwas ist kein Motorrad! Wer fahrlässig Motorroller, Klein- oder Leichtkrafträder grüsst, verliert sein Gesicht und jegliche Selbstachtung. Ausnahme hiervon sind Oldtimer: diese werden grundsätzlich freudig und bewundernd gegrüsst, unabhängig vom Hubraum. Oldtimer werden meist von technisch versierten älteren Fahrern gefahren, sogenannten «alten Schraubern». Diesen wird grundsätzlich Respekt gezollt. Trifft man «alte Schrauber», so wartet man ab, ob sie grüssen – dies gebietet die gute Erziehung! Von Frühling bis Herbst grüssen viele Motorradfahrer nicht, weil sie Winterfahrer sind.
Hää? Kann man sich richtig grüssen?
Wie grüsst man richtig, kann man es überhaupt lernen oder ist ein angeborener Motorrad-Fahrerreflex? Und wenn, fehlt dann etwa bei den Nichtgrüssern das entscheidende Grussgen? Kann man das schon im Mutterleib feststellen und ändern, z.B. durch die Einnahme von täglich zwei Löffeln Synthetiköl? Oder muss in langjähriger harter Arbeit auf einer Grussschule das Defizit ausgemerzt werden? Wissenschaftliche Studien anhand von freiwilligen Grussprobanden haben ergeben, dass man zwischen acht Kategorien des Grüssens unterscheiden muss.
Die Abklatscher (oft Enduristen)
Meist verbergen sich dahinter echte Frohnaturen und Entertainer. In der Schule waren sie oft der Klassenclown. Heute bemühen sie sich auch auf der Strasse, dieses Image beizubehalten. Dass sie durch ihre ruckartigen, ausholenden Bewegungen andere Biker erschrecken, die einen Angriff auf Leib und Leben befürchten, stört sie nicht weiter. Wenn es nach ihnen ginge, würden sie jedem entgegenkommenden persönlich die Hand schütteln.
Die Um-des-Grüssens-Willen-Fahrer (Grüwis)
Ein echter Hardcore-Grüsser. Meist nur bei schönem Wetter anzutreffen (bei Regen gibt es ja weniger, die man grüssen könnte), schleicht er extra langsam durch die Gegend, um ja keinen Grusskandidaten zu übersehen. Vor der Tour wird noch die am stärksten frequentierte Motorradstrecke ausgeguckt und los geht es. Potentielle Grussopfer so weit das Auge reicht. Der Grüwi ist in seinem Element. Wenn er abends nach Hause kommt und die linke Hand schmerzt, war es ein guter Tag. Wenn sie nicht schmerzt, dürfen seine Mitmenschen das ausbaden und sich tagelang Tiraden anhören, dass das Motorradfahren nicht mehr das ist, was es mal war. Ja früher war alles besser, früher war alles gut, da hielten alle noch zusammen… da wurde man noch gegrüsst. Nie wird er müde, sich über andere «Stoffel», die ihn nicht gegrüsst haben, zu beschweren.
Die Immer-Grüsser
Nach dem Motto «komme was wolle, ich grüsse immer» ziehen sie ihre Runden. Und das meinen sie völlig ernst. In Schräglagen, die Kniepads schleifen, die Fussrasten setzen auf, viel Verkehr, eine Ölspur voraus? Kein Problem, es wird in jedem Fall gegrüsst, schliesslich wurde es jahrelang bis zur Perfektion trainiert. Sie nehmen auch keinerlei Rücksicht auf Typ, Marke, Alter des entgegenkommenden Motorrades. Alles was zwei Räder hat, beschenken sie mit kollegialer Aufmerksamkeit.
Die Schüchternen (aber auch die Dankbarsten)
Unsicher warten sie auf ein Zeichen. Keinesfalls möchten sie sich blamieren, indem sie grüssen und der andere es vielleicht nicht erwidert. Wird der Schüchterne allerdings zuerst gegrüsst, ist die Freude gross und dankbar grüsst er zurück, oft mit vollem Körpereinsatz: Nicken, Hand, Fuss oder auch mit Zuruf – und das alles gleichzeitig.
Streetfighter sind in keine Kategorie einzuordnen.
Meist Psychopathen, das Visier schwarz wie ihre Seele, oft mit Totenkopf-Airbrush auf dem Helm, winken sie nach Gut-dünken, wenn sie gut gelaunt sind oder das Gegenüber grusswürdig finden. Ihre Grüsse werden immer erwidert. Allerdings mehr aus Angst, dass dieser Soziopath bei Verweigerung eine Knarre zieht und sich rächt.
Die Vielleicht-Grüsser (Vigrüs)
Die Vielleichtgrüsser, auch Vigrüs genannt, beäugen erst skeptisch das Vehikel des Grüssungsanwärters. Wenn alles in dem wachsamen Auge des Vigrüs Zustimmung findet, sprich, es ist das richtige Rad, die richtige Kleidung, das rich-tige Tempo, die richtige Lautstärke etc., dann wird anerkennend gegrüsst. Nur ist es dafür dann meist zu spät und der andere längst über alle Berge.
Die Coolen
Lümmeln meist gekonnt in stundenlang eingeübter Pose mit dem Ellenbogen auf dem Tank. Gern werden dabei auch nur die äussersten Fussspitzen auf die Rasten gestellt, so dass es zum so genannten Frosch – Lümmeln kommt. Kommt dann ein Motorradfahrer entgegen, geht die Hand, zwei Finger meist ausgestreckt, lässig in Richtung Helm. Ein kleines Nicken noch und der Lümmler fällt zurück
in die bequeme Ausgangsposition.
Die Zwinkerer (oft Anfänger)
Unsicher, die beiden Hände fest an den Lenker geklammert, vollauf beschäftigt mit Gas, Bremse und Kupplung, versuchen sie durch kräftiges Augenzwinkern das Grüssen zu erwidern. Sehr Mutige spreizen auch schon mal den ganzen kleinen Finger vom Lenker ab und freuen sich dann wie Schneekönige über die geglückte Aktion.
Die Nichtgrüsser (oft Wehrdienst- oder Totalverweigerer)
Stur den sonnenbebrillten Blick geradeaus gerichtet, verweigert er zivilen Gehorsam und den Bikergruss. Sein Haupt krönt oft ein Jethelm. Er ist ein Rebell, ein Individualist, ein James Dean der Biker, der sich in keine Schublade stecken lassen will. Meist hatte er eine dominante Mutter. Unbeugsam trotzen sie den Regeln, schliesslich waren alle anderen noch Quark im Supermarktregal oder ein Glitzern im Auge von Papa, als er längst eine Harley sein Eigen nannte.